Runder Tisch zur Ausbildung von religiösem Personal islamischer Gemeinden , Datum: 17.01.2020, Format: Meldung, Bereich: Im Dialog

Am 15. Januar fand in Berlin das zweite Treffen im Rahmen der Deutschen Islam Konferenz (DIK) zum Thema "Ausbildung von religiösem Personal islamischer Gemeinden" statt. Vertreterinnen und Vertreter islamischer Verbände und aus Wissenschaft und Politik stellten aktuelle Entwicklungen und laufende Aktivitäten vor und tauschten sich über das weitere Vorgehen aus.

Ein erster Workshop zum Thema "Ausbildung von religiösem Personal in islamischen Gemeinden", der am 17. und 18. Juni im Rahmen der Deutschen Islam Konferenz (DIK) in Hannover stattgefunden hatte, bildete die Basis für das Zusammentreffen in Berlin. Ziel des Folgetreffens im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Berlin-Mitte war es, dass sich die Beteiligten über Entwicklungen, zwischenzeitlich begonnene Maßnahmen und erreichte Fortschritte im Bereich der Ausbildung von religiösem Personal austauschen und diese sowie weitere Pläne gemeinsam erörtern.

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Dr. Uta Dauke, Unterabteilungsleiterin in der Heimat-Abteilung des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat, die die Teilnehmenden willkommen hieß und durch den Tag führte. Dr. Zekeriya Altuğ, Sprecher des Koordinationsrats der Muslime in Deutschland (KRM), berichtete retrospektiv von der Fachtagung des KRM, die am 23. November 2019 in Köln stattgefunden hatte. Altuğ gab Einblicke in die Vorträge, die bei der Tagung in Köln gehalten wurden, und bekräftigte den Standpunkt vieler Anwesenden: Ein islamischer Religionsbediensteter muss in der heutigen Gesellschaft in vielen Bereichen über Expertise verfügen. Um die Frage der Ausdifferenzierung und Spezialisierung zu vertiefen, gründete der KRM als Folge der Fachtagung die Arbeitsgemeinschaft "Imamausbildung". Ein Tagungsband zur Konferenz des KRM soll zudem in den nächsten Monaten veröffentlicht werden.

Im Anschluss referierte Dr. Raida Chbib, Geschäftsführerin der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (AIWG), zum Fachaustausch bezüglich der Ausbildung religiösen Personals mit europäischen und nordamerikanischen Praktikern und Wissenschaftlern. Den länderübergreifenden Austausch zwischen muslimischen Bevölkerungsgruppen in Europa und Nordamerika förderte die AIWG im vergangenen Jahr durch zwei Tagungen: Aus dem ersten Treffen im Januar ging der Konferenz-Report "Muslim chaplaincy in Europe and North America" hervor. Anfang Oktober führte die AIWG eine zweite international besetzte Konferenz mit dem Titel "From Copy Paste to Domestic Training? Muslim Religious Leadership in Europe and North America" durch.

Vorstellung verschiedener Ausbildungsprogramme

Eyüp Kalyon, der in der Abteilung Bildung, Forschung und Publikation der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) tätig ist und als Imam Erfahrung in der praktischen Arbeit gesammelt hat, stellte nachfolgend das Ausbildungsprogramm für islamische Religionsbeauftragte der DITIB-Akademie vor. Der Startschuss hierfür wurde nur wenige Tage zuvor, am 9. Januar 2020, in Dahlem in der Eifel gegeben. Staatssekretär Dr. Markus Kerber, der zum Auftakt eingeladen war, nahm an dieser Veranstaltung teil und hielt ein Grußwort. Zwölf islamische Theologinnen und zehn islamische Theologen haben laut Eyüp Kalyon nun die Ausbildung aufgenommen – der Start eines Prozesses, durch den in Zukunft vermehrt in Deutschland ausgebildetes Personal in DITIB-Gemeinden eingestellt werden kann.

Nach der gemeinsamen Mittagspause stellte Dr. Christian Funke als Vertreter der Geschäftsstelle der Deutschen Islam Konferenz im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Bestandserhebung zur Ausbildung religiösen Personals islamischer Gemeinden vor. Diese wurde auf Grundlage der während des ersten Workshops in Hannover gehaltenen Vorträge und weiterer Zulieferungen aus den Verbänden erstellt.

Eine Frau und zwei Männer sitzen an einem Tisch Im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Berlin kamen Vertreterinnen und Vertreter islamischer Verbände und aus Wissenschaft und Politik zum Austausch im Rahmen der Deutschen Islam Konferenz zusammen. Quelle: © Thomas Ernst

Auf großes Interesse stieß anschließend auch der Beitrag von Erol Pürlü, dem Dialogbeauftragten des Verbandes der Islamischen Kulturzentren e.V. (VIKZ): In seinem Vortrag "Der Beruf 'Imam' – Fragen der Anerkennung" legte er dar, dass die Ausbildung zur weiblichen oder zum männlichen islamischen Religionsbeauftragten aktuell noch nicht offiziell anerkannt sei. Im Plenum herrschte Konsens, dass die Frage der Anerkennung des Berufsfeldes bzw. der Ausbildungsgänge im Rahmen eines weiteren Zusammenkommens vertieft werden soll.

Die Gründung des Trägervereins "Islamkolleg Deutschland e. V." war Gegenstand des daran anschließenden Berichts von Dr. Esnaf Begić, dem Vorsitzenden des Vereins. Islamische Theologen der Universität Osnabrück starteten hiermit unlängst gemeinsam mit Dachverbänden von Moscheegemeinden und weiteren beteiligten Muslimen ein Modellvorhaben zur Ausbildung religiösen Personals, das verbandsübergreifend sein und bundesweit ausstrahlen soll. Es umfasst insbesondere solche Dachverbände, die für die Entwicklung und Umsetzung einer eigenständigen Ausbildung nicht über ausreichende Mittel verfügen. Den abschließenden Beitrag steuerte Prof. Dr. Handan Aksünger-Kizil, Inhaberin des Lehrstuhls für Alevitisch-Theologische Studien der Universität Wien, zum Komplex der Ausbildung alevitischen religiösen Personals und speziell von Dedes und Anas bei.

Alle Teilnehmenden kamen darin überein, dass es aufgrund der bestehenden Pluralität innerhalb der islamischen Gemeinschaft und des geltenden Rechts auch künftig verschiedene Modelle und Wege für die Ausbildung von religiösem Personal in islamischen Gemeinden geben wird. Als umso wichtiger wurde daher die Vernetzung der verschiedenen Akteure untereinander sowie der Austausch – auch über Grenzen von Bundesländern hinweg – gewertet.