DIK-Veranstaltung "Kommunaler Fachaustausch" , Datum: 03.12.2021, Format: Meldung, Bereich: Im Dialog , Erfahrungen und Herausforderungen in der Kooperation mit Moscheegemeinden

Am 11. und 12. November 2021 kamen auf Initiative der Deutschen Islam Konferenz (DIK) Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen zu einem Austausch über Erfahrungen und Wege der Zusammenarbeit mit muslimischen Gemeinden zusammen. Die Tagung fand pandemiebedingt per Videokonferenz statt; nur die Referierenden sowie die Podiumsteilnehmenden waren persönlich in Berlin vor Ort. Die Veranstaltung fand im Rahmen des "Kommunalen Fachaustauschs" statt, der den DIK-Förderansatz "Moscheen für Integration" ergänzt und begleitet.

Mit dem Förderansatz "Moscheen für Integration (MfI)", der als Pilotvorhaben von Juli 2019 bis Dezember 2022 läuft und mit insgesamt 6,5 Millionen Euro dotiert ist, soll die vielfältige soziale und zivilgesellschaftliche Arbeit von Moscheegemeinden und alevitischen Cem-Häusern in Deutschland anerkannt, gestärkt, professionalisiert und besser in die kommunalen Nachbarschaften integriert werden. Die geförderten muslimischen Gemeinden werden dabei unterstützt, sich in der Alltagspraxis stärker zu öffnen und sich untereinander wie auch mit den jeweiligen Kommunen und Verwaltungen zu vernetzen.

"Kommunaler Fachaustausch": von den Erfahrungen anderer profitieren

Zwei Person sitzen auf einer Bühne In einem hybriden Format erörterten rund 80 Teilnehmende die bisherigen Fortschritte und Handlungsbedarfe auf dem Weg zu einer verlässlichen, vertrauensvollen Kooperation. Hier v. li. n. re: Felix Keß (Moderation) und Fatih Yildiz (SCHURA Hamburg). Quelle: Syspons GmbH

Das MfI-Programm ergänzend und begleitend haben das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zusammen mit dem Projektträger, der Syspons GmbH, einen bundesweiten "Kommunalen Fachaustausch" initiiert. Ziel ist es, dass sich die in Städten, Landkreisen und Kommunen für die Integrationsarbeit und die Beziehungen zu muslimischen Gemeinden zuständigen Stellen untereinander, aber auch mit weiteren Fachleuten aus Wissenschaft und Praxis sowie bereits erfahrenen Repräsentantinnen und Repräsentanten der muslimischen Seite austauschen können.

Zu der Corona-konform "hybriden" Tagung kamen so rund 80 Personen aus kommunalen Verwaltungen und Moscheegemeinden, aber auch von Vereinen, Initiativen und Organisationen der Zivilgesellschaft auf muslimischer wie nicht-muslimischer Seite zusammen. Mit Vorträgen und in moderierten Panel- und Podiumsdiskussionen widmeten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dem intensiven und offenen Austausch über Möglichkeiten, Handlungsoptionen und Herausforderungen, die sich in der kommunalen Kooperation mit muslimischen Gemeinden ergeben.

Kommunen als Brückenbauer und Türöffner

Martin Lauterbach, im BAMF Leiter der für Grundsatzfragen der Integration und Integrationsmaßnahmen zuständigen Gruppe, betonte zu Beginn der Tagung die Schlüsselfunktion, die den kommunalen Verwaltungen in ihrem Wirken als Ansprechpartner, Brückenbauer und Türöffner für die muslimischen Gemeinden zukomme. Hierbei spielten, so Lauterbach, die Integrationsbeauftragten eine herausgehobene Rolle. Zugleich müssten sich aber auch andere Arbeitseinheiten ihrer Bedeutung und Verantwortung in diesem Bereich bewusst sein – und Verwaltungsabläufe sowie Organisationsstrukturen daraufhin abstimmen.

Muslimische Gemeinden als wichtige kommunale Akteure

Dass die entscheidenden Berührungspunkte, Kontakte und Austauschprozesse dezentral im jeweiligen direkten lokalen Umfeld liegen, entstehen und ablaufen, wurde während der Veranstaltung immer wieder hervorgehoben und bestätigt. Dabei wurden muslimische Gemeinden als Orte beschrieben und gewürdigt, die nicht nur Stätten des Gebets sind und Dienstleistungen im Bereich Seelsorge und Wohlfahrt bieten, sondern gerade auch "emotionale Heimstatt" und insofern "ganzheitlich" zentrale soziale Akteure in ihren Nachbarschaften sind. Zugleich wurde wiederholt betont und an Beispielen geschildert, welchen unfreiwilligen Beschränkungen diese Rolle und Arbeit durch begrenzte finanzielle Mittel, die hauptsächlich ehrenamtliche Organisation und damit einhergehend oft fehlende professionelle Strukturen unterliegen.

Herausforderung Generationenwechsel

Thematisiert wurde auch der Generationenwechsel, der in den Moscheegemeinden stattfinde – und der zugleich Chance wie auch Herausforderung sei. So seien, versicherten verschiedene Diskutanten aus der Praxis, viele Gemeinden neben ihren vielfältigen übrigen Aktivitäten vor die Aufgabe gestellt, ein Selbstverständnis und Portfolio an Diensten und Hilfen zu entwickeln, mit denen sie auch für junge Musliminnen und Muslime sowie insbesondere Frauen ein attraktiver, anziehender und in praktischen Lebensfragen relevanter Bezugspunkt seien könnten. Die Öffnung nach innen sowie nach außen, die Fortentwicklung und Verknüpfung eigener Beratungs-, Hilfs- und Freizeitangebote mit denen Dritter – beispielsweise von städtischen Jugendeinrichtungen und ehrenamtlichen Initiativen der örtlichen Gemeinde – bleibe dabei eine zentrale Aufgabe, habe aber eben oft auch hohe Hürden zu überwinden.

Entscheidend: Kontinuität und Vertrauen

Um hier und an weiteren Schnittstellen zwischen muslimischen Gemeinden und ihren Nachbarschaften voranzukommen, um solche Kooperationen und Bindungen zu vermehren und zu vertiefen, so die einhellige Einschätzung vieler darin bereits erfahrener Praktikerinnen und Praktiker in den Diskussionen, sei gerade auch auf kommunaler Seite Professionalität und vor allem auch Kontinuität entscheidend – und dies mit Blick auf erfahrene Ansprechpartner ebenso wie auf die finanzielle Ausstattung und bewährte Prozeduren. Nur so, so das eindeutige Plädoyer, könne wechselseitiges Vertrauen aufgebaut und erhalten werden, das notwendig für langfristiges und wirksames Engagement sei. "Sobald die Würdigung fehlt, fehlen auch die Menschen", fasste es eine Teilnehmerin prägnant zusammen.

Ein Mann sitzt auf einer Bühne und anderer Mann ist per Video zugeschaltet Neben den kommunalen Verwaltungen kamen auch Expertinnen und Experten zu Wort, die aus langjähriger Erfahrung im Feld der Kooperation mit muslimischen Gemeinden berichten konnten und darauf basierend Handlungsempfehlungen formulierten. Hier v. li. n. re.: Christoph Emminghaus (Moderation), Dr. Hussein Hamdan (Diözese Rottenburg-Stuttgart). Quelle: Syspons GmbH

Neue Wege gehen heißt: dazulernen

Welche Erfahrungen es hierbei bereits gibt, welche Mittel genutzt und welche Wege beschritten werden – darüber tauschten sich die Teilnehmenden während der zwei Konferenztage intensiv und lebhaft aus, so dass auch die bislang noch eher unerfahrenen Protagonistinnen und Protagonisten im Publikum etliche Beispiele für "Best Practice" ebenso kennenlernten wie auch von Erfahrungen hörten, die nicht zur Nachahmung empfohlen sind. Nicht zuletzt lernten auch die, die bereits länger und erfolgreich kooperieren, hinzu. Denn sie erfuhren aus erster Hand von den z.T. sehr spezifischen, stark von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten abhängenden Problemen und Schwierigkeiten, die es im Verhältnis von Kommunen und sehr jungen und unerfahrenen muslimischen Gemeinden z.B. beim Kapazitätsaufbau in Beratung und Sozialarbeit oder aber im Hinblick auf Transparenz und Projektmanagement gibt.

Fortsetzung folgt

Der das Programm "Moscheen für Integration" begleitende und ergänzende "Kommunale Fachaustausch", dessen Kernanliegen das "Voneinanderlernen" ist, wird in verschiedenen Formaten und mit variierenden thematischen Schwerpunkten fortgeführt. Und auch unabhängig von dem durch BMI und BAMF geschaffenen Rahmen des Fachaustauschs wollen und werden sich Verantwortliche, so wurde es am Rande der Tagung verabredet, vernetzen und die Kooperation verstetigen.